…das frage ich mich auch das ein oder andere Mal. Mein Name ist jedenfalls Zaturaya, oder kurz einfach nur Raya. Ich bin eine Zahori und gehöre der Sippe der Soleados an. Mein Vater ist ein Junker bei Greifenfurt und das hat mir den Spitznamen „Prinzessin“ eingebracht, den mir mein älterer Bruder Yelador deswegen gegeben hat. Ich kann ihn nicht ausstehen. Also den Namen... Zum Glück gab er mir auch noch einen anderen, nämlich Mariposa, weil ich angeblich so schön tanze und so flatterhaft bin wie ein Schmetterling. Irgendwie hatte er damit ja recht... Ach, Yelador… deine spitze Zunge fehlt mir noch immer.
Er war ein Herumtreiber, der gerne auch mal abseits der Sippe seine krummen Dinger drehte. So war es auch nicht verwunderlich, dass er der Familie verkündete, nach dem Fest der Freuden in Belhanka nicht mit zurück nach Punin zu kommen. Der Reiz nach einem Abenteuer ließ mich ihn so lange nerven, bis er zustimmte, dass ich dieses Jahr mit ihm dort verbringen durfte. Nur wenige Stunden nach unserer Ankunft in Belhanka lernte ich dann seinen Freund Shafirio kennen. Ein eher unscheinbarer, durchschnittlich aussehender junger Mann, dessen Art mich aber irgendwie reizte – obwohl ich damals erst dreizehn Götterläufe zählte. In den ersten Monden wuchsen wir dann aber zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammen und er war fast wie ein weiterer großer Bruder für mich. Yelador schien meine heimliche Schwärmerei bemerkt zu haben, denn er warnte Shafirio einmal halb im Spaß seine Finger bei sich zu behalten was mich betraf, sonst wären sie und auch andere Teile ab… Dieser lachte nur und meinte, „die Kleine“ hätte von ihm nichts zu befürchten. PAH! Als ob ich ein lästiges kleines Kind gewesen wäre und nicht eine heranwachsende junge Frau… ich schmollte insgeheim. Zum einen weil mir mein Bruder keinen Spaß gönnen würde und sehr bedacht auf die Unschuld seiner kleinen Schwester war und zum anderen, weil mich Shafirio nicht so wahrnahm, wie ich es mir gewünscht hätte…
Unser Trio wurde dann jedoch jäh auseinander gerissen. Eines Nachts – Yelador war wieder auf Beutezug in den Häusern der reichen Städter gewesen – stolperte er plötzlich in unseren Unterschlupf, in dem wir schliefen. Seine Hand war verwundet und grünliche Linien unter seiner Haut verrieten die Vergiftung, die er sich zugezogen hatte. Shafirio's Liebchen für diese Nacht war bereits fort so dass wir uns umgehend gemeinsam um meinen Bruder kümmern konnten. Wir sahen sofort wie schlecht es um ihn stand und dass er die Nacht nicht überleben würde. Er nahm Shafirio das Versprechen ab, auf mich aufzupassen bevor er nach letzten zahorisch gemurmelten Worten in meinen Armen starb. Ich war die ersten Wochen am Boden zerstört und kann mich auch nicht daran erinnern, wie ich diese verbracht habe. Shafirio gab sich die größte Mühe mir in meiner Trauer beizustehen, aber ich glaube ich habe es ihm ganz schön schwer gemacht mich überhaupt auszuhalten. (An dieser Stelle… tut mir ehrlich Leid, dass ich so ein Häufchen Elend war und alles an dir ausgelassen habe, Shafirio…)
Als es dem Frühling zu ging taute ich langsam wieder auf. Ich war noch traurig über den unsinnigen Tod meines Bruders, es wurde jedoch langsam besser und ich versuchte mich wieder nützlich zu machen um Shafirio einen Teil dessen zurück zu geben, was er für mich getan hatte. Der Frühling wich dem Sommer und die Zeit des Abschiedes war gekommen, denn ich brauchte Abstand und wollte zurück zu meiner Familie. Ich versprach bei meinem nächsten Besuch in Belhanka mal bei ihm vorbei zu schauen und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Die Farbe, die mein Gesicht angenommen hatte, verstärkte sich wahrscheinlich noch, als er erwiderte, er würde sich darauf freuen.
Es vergingen einige Jahre, in denen ich sowohl Zeit bei den Noioniten verbringen 'durfte', als auch ein aufgegebenes Noviziat beim göttlichen Fuchs. Außerdem lernte ich auch meinen Vater kennen und die Praioskirche abzulehnen bevor es mich wieder fort von meiner Familie zog und ich bereit war, mich in Belhanka endlich meiner Vergangenheit um den Tod meines Bruders zu stellen. Shafirio war noch im selben Unterschlupf wie damals und letztendlich fanden wir doch noch den Weg zueinander...
Zum dritten Mal hatte ich nun den Traum vom geplünderten Gut meines Vaters. Auch wenn ich wenig Ambitionen habe dorthin zurück zu kehren, kann ich diese Tatsache nicht länger ignorieren. Shafirio kann nicht mitkommen, denn es wäre sein Tod mich zu begleiten oder mir nachzureisen. Es bricht mir das Herz von ihm weg gehen zu müssen, aber ich brauche Gewissheit, dass es meinem Vater gut geht. Die Leute sagen, dass viele Flüchtlinge gen Gareth unterwegs seien um den Orks zu entkommen, also werde ich dort als erstes nach ihm suchen. Wenn ich nicht fündig werde, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als in Richtung Greifenfurt zu reisen und zu den Göttern zu beten, dass er unbeschadet den Schwarzpelzen entkommt...